Nach mehr als 1000 Tagen im Gefängnis ist die saudi-arabische Frauenrechtlerin Loujain al-Hathloul aus der Haft entlassen worden. In dieser Zeit erlitt sie Folter und wurde mit Einzelhaft bestraft. Die saudischen Behörden müssen die Verantwortlichen für die Misshandlungen zur Rechenschaft ziehen – und auch alle anderen inhaftieren Menschenrechtsverteidiger_innen freilassen.
“Loujain ist zuhause!!!!!!”. Diese Nachricht veröffentlichte Lina al-Hathloul, die Schwester der saudi-arabischen Frauenrechtlerin Loujain al-Hathloul, am Mittwochabend via Twitter – dazu ein Screenshot der beiden Frauen aus einem Videoanruf. Man sieht ihnen die Freude, die Erleichterung nach der jahrelangen Ungewissheit an.
Loujain al-Hathloul ist eine der bekanntesten Frauenrechtlerinnen in Saudi-Arabien. Wegen ihres Einsatzes wurde sie verurteilt und verbrachte mehr als 1000 Tage in Haft. Im Gefängnis wurde sie gefoltert, sexuell belästigt und in Einzelhaft gehalten. Monatelang hatte sie keinen Zugang zu ihrer Familie. Zahlreiche Stimmen aus Zivilgesellschaft und Politik hatten die Freilassung der Frauenrechtlerin gefordert, auch Amnesty setzte sich für sie ein.
“Die Freilassung von Loujain al-Hathloul war lange überfällig”, sagt Regina Spöttl, Saudi-Arabien-Expertin bei Amnesty International in Deutschland. “Die Menschenrechtsverteidigerin wurde einzig deshalb inhaftiert, weil sie ihr Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung wahrnahm und sich für die Gleichberechtigung der Geschlechter in Saudi-Arabien einsetzte.”
Loujain al-Hathloul wurde im Mai 2018 wegen ihres Engagements gegen das damals noch geltende Fahrverbot für Frauen und die Kampagne zur Abschaffung der männlichen Vormundschaft inhaftiert. Auch andere Aktivist_innen kamen in Haft.
Am 28. Dezember 2020 verurteilte der Sonderstrafgerichtshof, der ausschließlich Fälle im Zusammenhang mit “Terrorismus” verhandelt, Loujain al-Hathloul in einem unfairen Prozess zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten. Zwei Jahre und acht Monate davon wurden auf Bewährung ausgesetzt. Gegen das Urteil hat sie Rechtsmittel eingelegt.
Amnesty International fordert die saudi-arabische Regierung auf, auch die anderen inhaftierten Frauenrechtler_innen um Loujain al-Hathloul, Nassima al-Sada, Samar Badawi, Nouf Abdulaziz und Maya’a al-Zahani sofort und bedingungslos freizulassen, weil sie lediglich friedlich von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht haben.
Amnesty International fordert weiterhin die Freilassung aller gewaltloser politischer Gefangener, den Schutz von Frauenrechten und der Rechte von Arbeitsmigrant_innen, die Abschaffung der Todesstrafe und die Beendigung der Völkerrechtsverletzung durch Saudi-Arabien im Jemen.